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Steuern & Recht
David Merz | Geschäftsführer
Zürich, Januar 8, 2025
Eine finanzielle Schieflage kann Schweizer Unternehmen vor grosse Herausforderungen stellen. Sie erfordert rasches Handeln, um die gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen und das finanzielle Wohlergehen des Unternehmens zu schützen. Artikel 725 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) legt die Verantwortlichkeiten der Geschäftsleitung im Umgang mit Situationen wie Unterbilanz, Kapitalverlust und Überschuldung fest. In diesem Artikel definieren wir diese Begriffe, erläutern ihre rechtlichen und praktischen Auswirkungen und geben Einblicke, die Unternehmen dabei helfen, diese Situationen zu verstehen und effektiv zu bewältigen.
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Artikel 725 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) dient als Grundlage für das Management von finanziellen Schwierigkeiten und Insolvenzen in Schweizer Unternehmen. Er umreisst die Verantwortlichkeiten des Verwaltungsrats (bei AGs) oder der Geschäftsführer (bei GmbHs), wenn ein Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Es legt insbesondere Massnahmen fest, die in folgenden Fällen zu ergreifen sind:
Die Nichteinhaltung dieser Bestimmungen kann zu schwerwiegenden rechtlichen und finanziellen Konsequenzen führen, einschliesslich der persönlichen Haftung der Geschäftsführer oder des Verwaltungsrats.
Im Folgenden werden wir jeden dieser Begriffe näher definieren und untersuchen, die praktischen und rechtlichen Auswirkungen jedes Begriffs gemäss Artikel 725 des Obligationenrechts erläutern und zum besseren Verständnis praktische Beispiele anführen.
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Eine Unterbilanz liegt vor, wenn das Eigenkapital eines Unternehmens unter das nominale Grundkapital (z. B. das Aktienkapital bei einer AG oder das Stammkapital bei einer GmbH) fällt. Dies bedeutet, dass das Eigenkapital das Grundkapital nicht mehr vollständig abdeckt, das Unternehmen jedoch weiterhin über positives Eigenkapital verfügt und die Verbindlichkeiten durch die Aktiven gedeckt sind.
In der Bilanz kann eine Unterbilanz häufig durch das Eigenkapitalkonto oder einen Verlustvortrag erkennbar sein. Sie zeigt an, dass das Unternehmen finanzielle Schwierigkeiten hat, ohne dass unmittelbar rechtliche Massnahmen erforderlich sind.
Eine Unterbilanz erfordert zwar noch keine formellen rechtlichen Schritte, ist aber ein frühes Warnzeichen für eine mögliche finanzielle Notlage. Der Vorstand sollte die Situation erkennen und proaktiv Massnahmen ergreifen, um die finanzielle Gesundheit des Unternehmens zu verbessern, z. B:
Wird in dieser Phase nicht gehandelt, kann sich die Situation verschlimmern, was zu Kapitalverlusten oder Überschuldung führen kann.
Die ABC AG verfügt über ein nominelles Aktienkapital von 500’000 CHF und gesetzliche Reserven von 100’000 CHF. Nach einem herausfordernden Jahr zeigt die Jahresrechnung des Unternehmens Folgendes:
Das Eigenkapital der Gesellschaft (CHF 350’000) liegt damit unter der Summe aus dem Aktienkapital und den gesetzlichen Reserven (CHF 600’000). Das Unternehmen befindet sich somit in einer Unterbilanz, da das Eigenkapital das nominelle Kapital nicht mehr vollständig deckt, jedoch weiterhin mehr als 50 % davon beträgt. Ein Kapitalverlust liegt daher nicht vor.
Empfohlene Massnahmen für die ABC AG:
Definition: Was ist ein Kapitalverlust?Ein Kapitalverlust liegt vor, wenn die Aktiven eines Unternehmens abzüglich der Verbindlichkeiten (Eigenkapital) weniger als 50 % der Summe aus dem einbezahlten Aktienkapital (bei einer AG) oder Stammkapital (bei einer GmbH) sowie der nicht an die Gesellschafter rückzahlbaren gesetzlichen Kapital- und Gewinnreserven betragen.
In diesem Fall ist der Verwaltungsrat (bei einer AG) oder die Geschäftsführung (bei einer GmbH) gemäss Artikel 725a OR verpflichtet, Massnahmen zur Beseitigung des Kapitalverlusts zu ergreifen.
Gemäss Artikel 725a OR muss der Verwaltungsrat (bei einer AG) bzw. die Geschäftsführung (bei einer GmbH) bei einem Kapitalverlust folgende Massnahmen ergreifen:
Die Nichteinhaltung dieser Pflichten kann zu einer persönlichen Haftung des Verwaltungsrats oder der Geschäftsführung führen.
Die XYZ GmbH hat ein Stammkapital von CHF 1’000’000 und gesetzliche Reserven von CHF 200’000. Aufgrund von Betriebsverlusten zeigt die Bilanz folgende Werte:
Das Eigenkapital der XYZ GmbH (CHF 300’000) beträgt nun weniger als 50 % der Summe aus Stammkapital und gesetzlichen Reserven (CHF 1’200’000). Damit liegt ein Kapitalverlust vor, der die gesetzlichen Pflichten nach Artikel 725a OR auslöst.
Antwort:Die Geschäftsführung der XYZ GmbH muss folgende Schritte einleiten:
Wird auf Kapitalverluste nicht reagiert, könnte dies zu einer weiteren Verschlechterung der Finanzlage und schliesslich zur Überschuldung führen.
Eine Überschuldung tritt ein, wenn die Verbindlichkeiten eines Unternehmens die gesamten Vermögenswerte übersteigen, wodurch ein negatives Eigenkapital entsteht. Dieser Zustand signalisiert eine ernsthafte finanzielle Krise, die das Unternehmen an den Rand der Zahlungsunfähigkeit bringt, sofern nicht umgehend Massnahmen zur Wiederherstellung der finanziellen Stabilität ergriffen werden.
Gemäss Artikel 725b OR muss der Verwaltungsrat (AG) oder die Geschäftsleitung (GmbH) bei begründetem Verdacht auf Überschuldung unverzüglich handeln:
Das Gesetz hält klar fest, dass der Verwaltungsrat und die externe/zugelassene Revisionsstelle bei diesen Schritten mit der erforderlichen Dringlichkeit vorgehen müssen (Art. 725b Abs. 6 OR). Wird dies unterlassen, kann dies zu rechtlichen Konsequenzen führen, einschliesslich der persönlichen Haftung der Unternehmensleitung.
Die Anon AG ist in einer hart umkämpften Branche tätig. Nach dem Verlust mehrerer Kunden kämpft das Unternehmen damit, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Das geht aus den Jahresabschlüssen hervor:
Zudem verfügt das Unternehmen über gesetzliche Reserven in Höhe von CHF 300’000, die das negative Eigenkapital nicht ausgleichen können.
Die Verbindlichkeiten übersteigen die Vermögenswerte des Unternehmens, was zu einer Überschuldung gemäss Artikel 725b OR führt.
Handeln des Verwaltungsrats gemäss Artikel 725b OR:
Der Verwaltungsrat ist gesetzlich verpflichtet, bei Überschuldung unverzüglich zu handeln und folgende Schritte einzuleiten:
Die Nichteinhaltung der gesetzlichen Pflichten bei Überschuldung kann schwerwiegende rechtliche Konsequenzen haben, einschliesslich der persönlichen Haftung der Verwaltungsratsmitglieder. Der Verwaltungsrat und die Revisionsstelle sind verpflichtet, mit der gebotenen Eile zu handeln.
Finanzielle Notlagen, wie z. B. Kapitalverluste oder Überschuldung, können auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sein, darunter:
In den meisten Fällen wird eine finanzielle Notlage durch eine komplexe Kombination der oben genannten Faktoren verursacht und kann nicht auf einen allein zurückgeführt werden.
Tritt eine finanzielle Notlage ein – sei es eine Unterbilanz, ein Kapitalverlust oder eine Überschuldung –, ist der Verwaltungsrat verpflichtet, entschlossen und gesetzeskonform zu handeln. Je nach Art der Notlage ergeben sich unterschiedliche Pflichten:
Dazu gehören:
Der Verwaltungsrat ist gesetzlich verpflichtet, bei finanziellen Notlagen wie Unterbilanz, Kapitalverlust und Überschuldung verantwortungsvoll und gesetzeskonform zu handeln. Eine Missachtung dieser Pflichten kann schwerwiegende Konsequenzen haben, darunter:
Darüber hinaus dürfen die Verwaltungsratsmitglieder niemals versuchen, sich mit zweifelhaften oder rechtlich fragwürdigen Mitteln aus der Verantwortung zu stehlen. Jedes Mitglied kann zur Rechenschaft gezogen werden, wenn es die in Artikel 725 des Schweizerischen Obligationenrechts genannten Pflichten nicht einhält oder nicht „mit der gebotenen Eile“ handelt (Art. 725b Abs. 6 OR).
Zwei typische Beispiele verdeutlichen die Risiken, die mit dem Versuch verbunden sind, sich der Verantwortung zu entziehen:
Diese Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, dass Geschäftsführer und Verwaltungsratsmitglieder verantwortungsbewusst handeln und ihre gesetzlichen Pflichten einhalten, um rechtliche und persönliche Risiken zu vermeiden.
Verwaltungsräte können bei unterlassenen Massnahmen zur Schadensbegrenzung persönlich haftbar gemacht werden, was dazu führen kann, dass Verluste aus ihrem Privatvermögen gedeckt werden müssen, um fällige Zahlungen des Unternehmens sicherzustellen.
Mit der Aktienrechtsrevision 2023 wurden wesentliche Änderungen eingeführt, die die Pflichten und Verantwortlichkeiten des Verwaltungsrats, insbesondere bei finanziellen Notlagen, konkretisieren und stärken. Ziel ist es, Insolvenzrisiken frühzeitig zu erkennen und durch rechtzeitiges Handeln zu minimieren. Die Revision betont die persönliche Haftung der Verwaltungsratsmitglieder bei Vernachlässigung ihrer Pflichten und verpflichtet diese, mit Sorgfalt und Dringlichkeit zu handeln.
Die wichtigsten Änderungen sind:
Dies sind nur einige wenige Beispiele, die die Auswirkungen der Reformen von 2023 verdeutlichen, die letztlich die Verantwortung des Vorstands stärken, angesichts einer drohenden Insolvenz entschlossen und angemessen zu handeln.
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Eine Unterbilanz liegt vor, wenn das Eigenkapital unter das Grundkapital (z. B. Aktienkapital bei einer Aktiengesellschaft (AG) oder Stammkapital bei einer GmbH) und die gesetzlichen Reserven (Kapital- und Gewinnreserven) fällt, jedoch weiterhin mehr als 50 % dieser Summe beträgt. Ein Kapitalverlust tritt ein, wenn das Eigenkapital unter 50 % der Summe aus dem Grundkapital und den gesetzlichen Reserven sinkt.
Eine Überschuldung liegt vor, wenn die Verbindlichkeiten eines Unternehmens seine Aktiven (Vermögenswerte) übersteigen, was zu einem negativen Eigenkapital führt. Dies entspricht dem Konzept der bilanziellen Überschuldung. Neben der Überschuldung umfasst der weiter gefasste Begriff „Zahlungsunfähigkeit“ auch die Liquiditätsinsolvenz, d. h. wenn ein Unternehmen aufgrund von Liquiditätsproblemen nicht in der Lage ist, seine Schulden bei Fälligkeit zu begleichen, obwohl es möglicherweise über ausreichende nicht liquide Aktiven zur Deckung seiner Verbindlichkeiten verfügt. Mit anderen Worten: Überschuldung ist ein Teilaspekt der Insolvenz.
Die gesetzlichen Reserven dienen als finanzielles Polster, das die Gläubiger schützt und die Stabilität des Unternehmens in schwierigen Zeiten stärkt. In der Schweiz sind Unternehmen verpflichtet, 5 % ihres Jahresgewinns der gesetzlichen Gewinnreserve zuzuweisen, bis diese zusammen mit der Kapitalreserve 50 % des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals erreicht. Für Holdinggesellschaften gilt eine reduzierte Schwelle von 20 %.
Bei Rangrücktrittsvereinbarungen erklären sich Gläubiger bereit, ihre Forderungen hinter alle übrigen Verbindlichkeiten des Unternehmens zurücktreten zu lassen. In der Folge kann eine bilanzielle Überschuldung beseitigt werden, wodurch das Unternehmen ein Insolvenzverfahren vorübergehend vermeiden kann. Diese Massnahme verschafft dem Unternehmen Zeit, um seine finanzielle Situation zu stabilisieren, etwa durch Sanierungen oder Kapitalzuführungen.
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